Um in den Geschichtchen der seeligen Fuhrunternehmerszeit noch ein wenig zu verweilen, hab ich da noch eine in der der Kutscher gekündigt hat. Dazu muss kurz mal angemerkt werden, daß Fahrer, wenn gekündigt, meist umgehend zum Anwalt rennen. Wenn sie aber selbst kündigen weil ihnen irgendein Mitbewerber 20 Euro mehr bietet, sich einen Dreck um Kündigungsfristen oder ähnliches scheren, da, wenn der Unternehmer auf Einhaltung derselben pocht, sie sich entweder
a) umgehend krank schreiben lassen um dann schwarz bei dem anderen zu kutschen
b) jeden Tag verpennen und somit die Kunden verprellen
c) sich plötzlich weigern, am Freitag Nachmittag mal den Ölstand oder das Auto im Allgemeinen zu kontrollieren, weil das ja nicht im Vertrag steht
d) sich weigern, beim ab-/ aufladen auch nur den kleinen Finger zu krümmen weil sie alle plötzlich die KVO, CMR und die 987 anderen Vorschriftsbücher in und auswendig kennen.
Also lässt man die Penner meist einfach so ziehen oder bettelt eine Woche heraus, damit man wenigstens irgendeinen ehemaligen Alkoholiker rankriegt, der die Touren übernehmen kann.
Nun, dieser junge Mann, nennen wir ihn Ralf, kündigte bei mir, weil der Sozialneid ihn auffrass und er meinte, ich müsste so ziemlich alles umsonst machen was das Geschäft anginge, sobald es ihn beträfe.
Wir hatten seinerzeit einen grossen Kunden in Lübeck, der Verpackungen aus Pappe herstellte. Zu den Empfängern der Ware gehörten unter anderem auch eine Gummibärenfabrik in, ich glaube Hagenowund Boizenburg und ein Zuckerwarenhersteller in Grabow.
So jeden 2. tag lieferten wir dort an und bei dem Einen wie dem Anderen gab es einen Fabrikverkauf. Ralf war immer ganz heiss auf diese Touren, die meisten anderen Fahrer ja auch, weil da konnte man ein wenig Geschäft machen, sei ihnen ja gegönnt.
So sass ich dann eines Tages bei meinem Kunden im Büro und Ralf kommt von der Zuckertour. Wenn die LKW von der Tour kamen, mussten sie genau gegenüber des Büros erstmal die Leerpaletten abladen und so konnte ich einen Blick auf Ralfs LKW werfen. Dort standen 2 Europaletten mit Gummibärchen und 3 Paletten mit
Negerküssen Schaumzuckergebäck.
Die Gummibären vercheckte er für 3,50 Mark das Kilo (EK: 1,00 DM) und die Eischneedinger für 5 Mark/60er Karton (EK 2,50 Mark) an die Belegschaft des Kunden, andere Fahrer und wer sonst noch so seinen Weg kreuzte.
Mein Kunde meinte, das ginge schon 2 Monate so und erfreue sich grosser Beliebtheit und sei geduldet weil ja alle in den Genuss kämen.
Ich ging also raus und fragte Ralf so ganz beiläufig, wieviel er denn da drauf hätte. Er teilte mir mit, es wären 2,4 Tonnen Gummibärchen und 400 kg von diesen optimal pigmentierten Backwaren.
Als ich dann daheim war, schrieb ich Herrn Ralf eine ordentliche Transportrechnung gemäß den damals gültigen Tarifen und gab ihm soger noch 15% Marge. Ralf kündigte umgehend, weil er meinte ich sei eine gierige dumme Sau.
Kleine Anmerkung: Die anderen Fahrer nahmen mal 3/4 Karton Gebäck und vielleicht 10 kg Gummibärchen im Fahrerhaus mit.